Von Christian Elsässer
Halle (Saale) – Nathan Robinson hatte sich nicht verkrochen. Im Gegenteil. Als seine Teamkollegen am Dienstagabend zum dritten Oberliga-Playoff-Spiel gegen Regensburg in die Arena einliefen, stand der Star-Stürmer der Saale Bulls an der Gäste-Strafbank direkt neben dem Eis. Er trug keine Team-Kleidung, kam elegant im grauen Wintermantel daher, in der Hand einen Coffee-To-Go-Becher – mit Pfefferminztee.
Man hätte in diese Szenerie so etwas wie Distanz hineininterpretieren können. Tags zuvor hatte Trainer Dave Rich den Kanadier ja aus der Mannschaft genommen und durch den Polen Kacper Guzik ersetzt. Nach sechs Wochen Verletzungspause war Robinson zuletzt alles andere als fit gewesen.
Nathan Robinson: „Schlechtes Timing“
Die Optik aber täuschte. Wer schlechte Laune, irgendeine spürbare Distanz zum Verein und zu den Teamkollegen vermutet hätte, wurde durch Nathan Robinson selbst widerlegt. Jedenfalls ließ der 36-Jährige an einem für ihn schwierigen Abend keinen Zweifel daran, seine Zuschauerrolle schnell wieder ablegen zu wollen.
Die Entscheidung des Trainers sei hart gewesen für ihn, räumte Robinson ein. „Aber das ist nun einmal Profi-Sport, das habe ich zu akzeptieren. Und es ist ja richtig, dass mir drei, vier Wochen fehlen, um nach der Verletzung wieder fit zu sein. Nur das Timing ist natürlich blöd.“
Was man sowohl auf den Zeitpunkt der vorübergehenden Ausmusterung in einem wichtigen Playoff-Spiel beziehen konnte, als auch auf den Zeitpunkt der Verletzung, die ihn für die entscheidende Saisonphase zurückgeworfen hatte.
Nathan Robinsons Vorahnung tritt ein
Doch wer Robinson reden hörte, erlebte einen extrem aufgeräumten Profi, der die Situation als Herausforderung verstanden hat. „Ich bin mir sicher, dass ich in dieser Saison noch einmal auf dem Eis stehen werde“, sagte er – vor dem Spiel. Und vielleicht ahnte er auch schon, wie krude die Wege mitunter sind, die der Sport geht. Was die folgenden 60 Eishockey-Minuten ja auf denkwürdige Weise bestätigten.
Da war die 19. Minute: Zum ersten Mal in der Playoff-Serie gegen Regensburg gingen die Saale Bulls in Führung. Für Trainer Rich ein entscheidender Baustein zum 4:1-Sieg an diesem Abend. „Wenn wir erst in Führung gehen, ist auf einmal das Selbstvertrauen da“, erklärte der Coach später. Und der Torschütze? War Kacper Guzik, der Mann, der Robinson aus dem Team verdrängt hatte. Richs Entscheidung hatte sich in diesem Moment ausgezahlt.
Doch dann kam eben jene 56. Minute. Guzik fühlte sich bei einem Angriff gefoult, schlug dem gegnerischen Torhüter den Schläger weg. Die Folge: eine Disziplinarstrafe, die der Pole offenbar mit einigen Worten Richtung Schiedsrichter quittierte. Also sprach der an diesem Abend starke, weil großzügig wertende Unparteiische Mischa Apel eine Spieldauerstrafe aus.
Was Robinson aus seiner Ausmusterung gelernt hat
Bedeutet: Guzik ist für Duell vier an diesem Donnerstag in Regensburg gesperrt. Der zweite Ausländerplatz neben Verteidiger Steven Tarasuk ist wieder frei – für Nathan Robinson. Und der will sich nun beweisen.
Dass sein Spielstil mitunter etwas verschnörkelt ist, dass er die Scheibe manchmal zu lange hält und auch vertändelt – all das weiß der 36-Jährige. Und diese Botschaft hat der Kanadier aus seiner kurzfristigen Ausmusterung auch mitgenommen. „Ich glaube, ich kann dem Team mit meiner Erfahrung helfen“, sagte Robinson am Dienstag. „Aber ich weiß auch, dass ich mein Spiel simpel halten muss.“
Die Chance kommt am Abend in Regensburg. Denn auch da gilt wie schon am Dienstag: Verlieren die Bulls, ist die Saison vorbei. Gewinnen sie aber, folgt am Sonntag das alles entscheidende fünfte Spiel auf eigenem Eis. Und dann will Nathan Robinson wieder dabei sein – ohne Pfefferminztee und ohne Wintermantel.
Spiel vier findet an diesem Donnerstag um 20 Uhr in Regensburg statt. (mz, 15.03.2018)