Halle. Es war Anfang Mai, als man erstmals gerüchteweise von seinem Wechsel nach Deutschland in die Dritte Liga lesen konnte. „Ich bin gespannt, wer am Ende das Rennen um Stürmer Steven McParland gemacht hat. Der Kanadier hat, wie ich gehört habe, in der Oberliga unterschrieben“, so der entsprechende Eintrag eines Szene-Insiders in den sozialen Netzwerken. „Viele Teams kommen bei einem solchen Kaliber nicht infrage.“ Der MEC Halle 04 hat das Rennen um Steven McParland gewonnen. Der Angreifer wird sich in der kommenden Saison das Trikot mit dem Bulls-Logo überstreifen. „Ich wollte schon immer in Deutschland spielen und habe von einigen Freunden, die in der Liga spielen, nur Gutes über die Mannschaft und die Stadt gehört. Als Kai sich an mich wandte, war ich von der Gelegenheit begeistert“, so der 32-Jährige, der zuletzt in der Elite Ice Hockey League (EIHL) in Schottland auf dem Eis stand.
Der in Schreiber, Ontario, geborene McParland wusste bereits im Nachwuchsbereich zu überzeugen. In jeweils zwei Spielzeiten in der Greater Ontario Junior Hockey League (GOJHL) sowie der Ontario Junior Hockey League (OJHL) blieb der Linksschütze nie unter 20 Toren und 48 Zählern. Seine letzte Saison im Juniorenbereich schloss er als Assistenzkapitän und Top-Scorer der Kingston Voyageurs mit 28 Treffern und 65 Punkten ab. Im Anschluss zog es den Kanadier in die USA, genauer gesagt nach Providence, in die Hauptstadt des Bundesstaates Rhode Island. Neben seinem Studium des Finanzwesens am ortsansässigen College absolvierte er für die Providence Friars in vier Jahren 129 Einsätze in der College-Liga und sicherte sich 2015 mit seiner Mannschaft den NCAA-Titel – die bedeutendste Eishockeymeisterschaft, die ausschließlich in den USA ausgetragen wird. Bereits am Ende seiner Collegezeit sammelte McParland 2016 erste Erfahrungen im Profi-Bereich und bestritt seine ersten vier Partien in der East Coast Hockey League (ECHL), die fortan seine sportliche Heimat bleiben sollte. Insgesamt drei Spielzeiten lief McParland für die South Carolina Stingrays sowie die Idaho Steelheads auf. Dabei landete er zweimal auf Platz drei und einmal auf Rang eins der teaminternen Scorerwertung, schloss zweimal er die Spielzeit als bester Torschütze seiner Mannschaft ab. Leistungen, die auch von den Verantwortlichen in der American Hockey League (AHL) nicht verborgen blieben. Mehrfach erfolgte der sogenannte Call-up in die zweithöchste Liga Nordamerikas, zwölf Partien (ein Tor, eine Vorlage) bestritt der Angreifer im Unterbau der NHL.
Insgesamt stand McParland, im November 2016 ECHL-Rookie des Monats sowie später in den Kader für das „ECHL-All-Star-Game“ berufen, 239-mal in der ECHL auf dem Eis, konnte dabei 184 Zähler für sich verbuchen. Mit durchschnittlich 0,77 Punkten pro Partie weist der Kanadier hierbei einen besseren ECHL-Wert auf als frühere nordamerikanische Leistungsträger im Bulls-Trikot wie Matt Abercrombie (0,52), Mathieu Tousignant (0,64) oder auch Chris Francis (0,67). Auch ein genauerer Blick auf seine in Summe 77 in der ECHL erzielten Treffer offenbart, dass der Kanadier ein Mann für die wichtigen Tore ist sowie in allen Situationen aufs Eis geschickt werden kann. So traf er 22-mal im Powerplay und achtmal in Unterzahl, erzielte 19-mal den Führungstreffer einer Partie und netzte zehnmal siegbringend ein.
Im Sommer 2019 ließ der Kanadier Nordamerika hinter sich („Ich wollte anfangen, die Welt zu erkunden und in anderen Ländern zu leben.“), wagte den Sprung über den Großen Teich und ging nach Italien – eine Reise in die Vergangenheit. „Meine Familie hat einen italienischen Hintergrund und ich versuchte, meinen italienischen Pass zu bekommen“, so McParland. „Also dachte ich, Italien sei ein großartiger Ort, um meine europäische Karriere zu beginnen.“
Insgesamt verbrachte der Linksschütze drei Jahre im Land seiner Vorfahren, war sowohl in Asiago (2019 bis 2021) als auch für Fassa (2021/22) am Ende jeweils Top-Torjäger seiner Mannschaft. Insgesamt sammelte der Kanadier in 123 Partien in der multinationalen Alps Hockey League (AlpsHL) 187 Scorerpunkte (79 Tore), in der separat ausgetragenen Italienischen Meisterschaft konnte er mit Asiago zwei Titelgewinne feiern. „Italien wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben, ich habe es dort geliebt und freue mich darauf, wieder dorthin zurückzukehren und es zu besuchen“, so McParland, der in der vergangenen Spielzeit seiner vierten in Europa, in Schottland für Glasgow Clan stürmte. Der auf Anhieb zum Assistenzkapitän ernannte 32-Jährige wurde am Ende mit 49 Punkten (21 Tore, darunter sieben Überzahltreffer) Top-Torjäger der in der Elite Ice Hockey League (EIHL) spielenden Schotten. „Er hat gute Hände, kann auf jeder der drei Offensivpositionen spielen und ist hart im Nehmen“, so sein ehemaliger Trainer Malcolm Cameron, der McParland noch als gegnerischer Head Coach aus der ECHL kannte. „Ich habe gesehen, wie er gegen Dyson Stevenson in der Mitte des Eises gekämpft hat, was ein ziemlicher Kampf war“, erinnert sich Cameron an ein Duell McParlands mit Stevenson, mit 801 ECHL-Strafminuten sicherlich alles andere als ein Kind von Traurigkeit.
Nach einer Spielzeit auf der Insel („Schottland war eine tolle Erfahrung. Glasgow ist eine wunderschöne Stadt und war für mich ein sehr unterhaltsames und unvergessliches Erlebnis.“) nun der Wechsel nach Halle. Auf was für einen Spielertyp sich die Anhänger der Saale Bulls freuen können? „Meine Stärken sind wahrscheinlich meine Aggressivität und Schnelligkeit“, so die Selbsteinschätzung der neuen halleschen Nummer zehn. „Ich gehöre zu den Spielern, die nicht gerne verlieren. Ich mag es zu gewinnen, gehe aber nicht so gut mit Niederlagen um. Deswegen freue ich mich immer, wenn dies nicht geschieht.“
Die Verantwortlichen sind froh, Steven McParland von einem Engagement an der Saale überzeugte zu haben und wünschen ihm eine erfolgreiche und verletzungsfreie Saison 2023/24 im Bulls-Trikot. (Jy)