Halle. Mai 2004. In der Fußball-Bundesliga wurde Werder Bremen Deutscher Meister, der VfL Bochum und Alemannia Aachen sicherten sich Startplätze im UEFA-Cup, Schalke 04 und der Hamburger SV zogen in den UI-Cup ein. Beim Pokalfinale sicherte sich Bremen vor den Augen von Bundespräsident Johannes Rau das Double, in der Deutschen Eishockey-Liga waren die Hamburg Freezers, die Kassel Huskies oder auch die Hannover Scorpions vertreten.
Namen und Ereignisse, die so weit weg erscheinen – und doch „nur“ 20 Jahre zurückliegen. Und der (Sport-)Mai 2004 in Halle? Da liefen die Planungen für den 32. Chemiepokal im Boxen in der Eissporthalle auf Hochtouren, die Fußballer vom HFC schlossen die Saison auf Platz vier in der 4. Liga und die Handballerinnen des SV Union Halle-Neustadt auf Rang sechs in der 2. Bundesliga ab. Und im Eishockey? Da kam es am 18. Mai – unter anderem durch Andreas Werkling, Frank Busch und dem heutigen Präsidenten Daniel Mischner – zur Gründung des ESC Halle 04, der, ergänzt um den Beinamen „Saale Bulls“, seitdem die Eishockeytradition in der Händelstadt fortsetzt.
Nachweislich seit den 1930er-Jahren wird an der Saale dem Puck nachgejagt, an einem regulären Spielbetrieb wurde seit den 1950er-Jahren teilgenommen. Nach der politischen Wende und der Schließung der alten Eissporthalle 1990 dauerte es acht Jahre, bis der Kufensport in Halle wieder aus seinem Dornröschenschlaf erweckt wurde und sich seitdem trotz einiger Rückschläge immer weiterentwickelte. Anfänglich noch unter dem Dach des Universitätsportvereins (USV) angesiedelt, erfolgte im Sommer 1999 die Ausgliederung der Eishockeyabteilung in den ESC Halle, als „Saaleteufel“ wollte man sich etablieren. Ein Unterfangen, welches nur bedingt gelang. Nach fünf Jahren, in denen man von der Landesliga über die Sachsenliga bis in die Regionalliga aufstieg, beendete ein Insolvenzantrag den ersten Versuch, den Standort Halle dauerhaft auf der Eishockeykarte zu platzieren.
Und heute? Finden sich fünf Pokalsiege und fünf Meisterschaften in den Chroniken wieder, zuletzt sicherte man sich 2022 die Oberliga-Nord-Meisterschaft und klopfte mit dem Halbfinal-Einzug an die Tür zur DEL2 an. Zweifelsohne eine Erfolgsgeschichte, die auf den Tag genau heute vor 20 Jahren ihren Anfang nahm – die Saale Bulls feiern Geburtstag! Schritt für Schritt erfolgte in den vergangenen 20 Jahren eine Entwicklung, die mit einer reinen Amateurmannschaft begann und nunmehr in Sachsen-Anhalts einzigem Profi-Eishockeyteam mündete, welches mittlerweile aus der halleschen Sportlandschaft nicht mehr wegzudenken ist. Eine Entwicklung, an der neben den Gründungsmitgliedern auch weitere handelnde Personen wie Andreas Haschke, Holger Wilhelm und Benjamin Bars ihren nicht unerheblichen Anteil beisteuerten.
Viel ist seit der Vereinsgründung geschehen. Während der Premierensaison 2004/05 in der Regionalliga Ost traf man im Rahmen von Freundschafts- und Pflichtspielen unter anderem auf den ECC Preussen Berlin, den Braunlager SC, EC Wilhelmshaven und BSC Preussen Berlin. Genau wie man sich auch mit dem EC Timmendorfer Strand, den Blue Lions Leipzig oder dem Herner EG duellierte. Allesamt Vereine, die unter diesen Namen, meist aus finanziellen Gründen längst von der Eishockeykarte verschwunden sind und am gleichen Standort von neu gegründeten Clubs abgelöst wurden. Zuletzt sah man 2023 den bisherigen Ligakonkurrenten Crocodiles Hamburg die Segel streichen. Und die Saale Bulls? Trotzten allen Widrigkeiten der letzten beiden Dekaden und haben sich über all die Jahre zu einem verlässlichen Partner und Standort mit Zweitliga-Potenzial entwickelt. Ein Standort, der sich stetig weiterentwickelt und die Professionalisierung vorantreibt, zuletzt mit der Gründung einer eigenen GmbH.
Gewiss, bis hierhin war es ein langer und steiniger Weg, in dem es so manche Hürde zu überwinden galt. Über Kabinenbrände (2006/07), dem Hochwasser und dem damit einhergehenden Verlust der langjährigen Heimspielstätte (2013) bis hin zum gerade begonnenen Umbau des Sparkassen-Eisdoms: Club, Fans und Unterstützer ziehen seit 2004 an einem Strang, manch ein Sponsor ist von Tag eins an dabei. Von Beginn an stand die Etablierung im Vordergrund, getreu der Maxime „wirtschaftlich vor sportlich“. Im dritten Jahr des Bestehens errang man am Ende der Saison 2006/07 die sportliche Qualifikation zur Oberliga und wagte 2007/08 den erstmaligen Sprung in die Oberliga. Nach zwei Spielzeiten in der seinerzeit eingleisigen Dritten Liga entschied man sich auch aufgrund der Kosten sowie fehlender sportlicher Perspektive für den Schritt zurück in die Regionalliga – ein damals in Fankreisen nicht unumstrittener, rückblickend jedoch der einzig richtige Schritt. Einem Jahr in der Vierten Liga folgten derer fünf in der Oberliga Ost, einhergehend mit einer Umbenennung in Mitteldeutscher Eishockey-Club (MEC) – ein weiterer wichtiger Baustein für eine bessere Vermarktung sowie Etablierung.
Seit 2015 nehmen die Saale Bulls am Spielbetrieb in der Nord-Staffel der zweigeteilten Oberliga teil – und die Reise ist noch lange nicht beendet. Ziele und Visionen treiben die Saale Bulls seit 20 Jahren an. Alles jedoch im machbaren Rahmen, wirtschaftlich vor sportlich. Das große Ziel ist und bleibt auf Sicht der Aufstieg in die DEL2. Doch dazu bedarf es weiterer Schritte. Aktuell hat der Umbau Priorität, um dann wieder und weiter anzugreifen.
Der MEC Halle 04 ist mittlerweile erwachsen geworden. Und seine Geschichte lässt sich mit der eines jungen Erwachsenen vergleichen: Die ersten Jahre dienten des Lernens, die problembehaftete Pubertät (Hochwasser, Ausweichstätte) wurde erfolgreich gemeistert, zum 18. Geburtstag und somit der Volljährigkeit (2022) machte man sich mit der Nord-Meisterschaft und dem Halbfinal-Einzug das bislang größte Geschenk. Und nun? Wie im wahren Leben ziehen die meisten jungen Leute um die 20 Jahre zu Hause aus. In eine eigene Wohnung. Und auch dies lässt sich auf die Bulls projizieren: Das bisherige Heim wird modifiziert und den gewachsenen Bedürfnissen angepasst, um sich dann wohl(er) zu fühlen.
Zwanzig Jahre Saale Bulls. Eine Zeit voller Geschichte und Geschichten. Eine Zeit, in der man gemeinsam Erfolge gefeiert und auch so manchen Nackenschlag kassiert hat. Eine Zeit, in der Spieler kamen und gingen. Eine Zeit, in der Trainer kamen und gingen. Eine Zeit, in der Vereine kamen und gingen. Eine Zeit, die die Saale Bulls seit 20 Jahren mitgestalteten. Eine Zeit, auf die wir stolz sind. Eine Zeit, die vor 20 Jahren ihren Anfang nahm. Danke dafür an jeden Einzelnen, der an dieser Erfolgsgeschichte mitgeschrieben hat – und weiter mitschreiben wird. (Jy)