Halle. Durch einen 5:3-Heimsieg im entscheidenden fünften Duell gegen den Deggendorfer SC entschieden die Saale Bulls am Gründonnerstag die im Modus Best-of-five ausgetragene Playoff-Viertelfinal-Serie mit 3:2 für sich und zogen damit erstmals seit 2012 und erst zum zweiten Mal überhaupt ins Halbfinale ein.
Die Vorzeichen waren bereits vor dem ersten Bully klar: Nach zuvor jeweils zwei Heimsiegen würde am Donnerstagabend nach Abpfiff die Playoff-Reise für eine Mannschaft im Sparkassen-Eisdom definitiv enden, während die andere in die Runde der letzten vier einzieht und den Traum von DEL2-Aufstieg am Leben erhält. Bulls-Coach Marius Riedel, der in den ersten vier Duellen aufgrund von Verletzungen, Krankheiten und Sperren auf 17, 13, 14 sowie am Dienstag 17 Feldspieler zurückgreifen konnte, standen beim Showdown 18 Mann zur Verfügung. Neben den Langzeitverletzten Sebastian Albrecht, Mathieu Tousignant und Dennis Schütt musste Riedel auch auf Pavel Avdeev verzichten, dafür gab Lukas Valasek nach einem Vierteljahr sein Heim-Comeback. Auch die zuletzt gesundheitlich angeschlagenen bzw. gesperrten Maurice Becker und Tatu Vihavainen kehrten ins Lineup zurück, ohne zu wissen, ob es für Einsatzminuten reichen wird. „Maurice wird versuchen zu spielen und auch Tatu ist relativ genesen und wird ebenfalls versuchen zu spielen“, so Riedel vor der Partie. „Von daher können wir auf fast vier komplette Reihen zurückgreifen, was uns heute sicherlich helfen wird.“
Von Beginn an entwickelte sich – entgegen jeder Vermutung – statt eines vorsichtigen Abtastens eine rasante und ausgeglichene Partie, in der sich beide Teams einen offensiven Schlagabtausch lieferten. In der 10. Spielminute war es Lukas Valasek, der erstmals nach drei Monaten Verletzungspause wieder auf heimischen Eis mitwirken konnte und von links vors Tor ziehend zunächst an Timo Pielmeier im DSC-Kasten scheiterte, dann aber den Rebound zur Führung verwerten konnte. Fünf Minuten später dann wie aus dem Nichts der Ausgleich des DSC: Unmittelbar nach Bullygewinn in der offensiven Zone ging der Puck an die blaue Linie, von wo die von Benedikt Schopper genommene Direktabnahme von Petr Stloukal abgefälscht wurde und rechts neben Bulls-Goalie Timo Herden im MEC-Gehäuse einschlug, gleichbedeutend mit dem ersten Pausenstand.
Was folgte war der mittlere Spielabschnitt, der zwar torlos blieb, aber nichts an Spannung verlor. Beide Mannschaften ließen jedwede taktische Disziplin vermissen und agierten mit zunehmender Spieldauer immer offensiver. „War das erste Drittel noch eine Partie mit offenem Visier, so müsste man nun sagen, dass beide Teams ohne Helm spielen“, so Kommentator Saltan Gindulin während des Mittelabschnittes. Dass dieses ohne Gegentreffer blieb, ist auch Bulls-Keeper Herden zu verdanken, der in der 28. Minute einen „big save“ ablieferte, als DSC-Angreifer René Röthke mutterseelenallein im Slot abziehen konnte, nachdem sich gleich drei Bulls-Akteure bei einem Deggendorfer Angriff hinter der eigenen Torlinie befanden.
Das folgende Schlussdrittel machte den Wahnsinn komplett und darf in keinem Saisonrückblick fehlen. Zunächst brachte – allerdings von der rechten Seite – Lucas Miculka mit einer 1:1-Blaupause des Ausgleichstreffers den Südligisten in Führung, um nur 82 Sekunden auf 3:1 für den DSC zu erhöhen. Jener Miculka, der in der Saison 2020/21 kurzzeitig für die Saale Bulls auflief (vier Spiele, vier Punkte, ein Tor) und jetzt in seinen vier Viertelfinal-Einsätzen gegen den MEC fünf Treffer und zwei Vorlagen beisteuerte. Wiederholt sich die Geschichte? Bereits am Dienstag kassierten die Bulls nach einer 1:0-Führung drei Gegentreffer und verließen das Eis schlussendlich als Verlierer. Mitnichten! Nur etwas mehr als zwei Zeigerumdrehungen später war es ausgerechnet Vihavainen, der sich – gesundheitlich angeschlagen – mit dem Anschlusstreffer die Hoffnung auf die Wende am Leben hielt und später die Partie prophylaktisch vorzeitig beendete.
Vier Minuten später bot sich den Hausherren die Chance, in Überzahl den Ausgleich zu erzielen. Während der halleschen Drangphase, in der Head Coach Riedel gleich fünf Stürmer (Vihavainen, Varttinen, Kaplan, Schmid, Merl) als erste Powerplay-Formation aufs Eis schickte, kassierte der DSC eine weitere Herausstellung. Riedel zog ein taktisches Timeout, um seiner Überzahl-Paradereihe eine Verschnaufpause zu verschaffen – und Varttinen sagte danke: In der 53. Minute stellte der Finne die Partie in doppelter Überzahl wieder auf Anfang, drei Minuten später brachte der US-Amerikaner Kaplan mit seinem siebten Playoff-Treffer die Bulls wieder in Führung.
Den Schlusspunkt setzte Merl, der in Unterzahl bei einem verwaisten DSC-Gehäuse den ultimativen Schlusspunkt setzte (58.) und somit den Deckel auf die Partie setzte. „Wir hatten Spieler, die sich heute auf der Bank übergeben mussten, weil sie körperlich am Ende waren“, so Riedel nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte seit elf Jahren. „Ich bin unglaublich stolz, was wir bisher geschafft haben und freue mich auf das Halbfinale.“ (Jy)