Halle. Back-to-back. Spielen statt trainieren. Kurzum: Es ist Playoff-Zeit! Für Eishockeyspieler die fünfte Jahreszeit. Es ist die heißeste Phase der Saison, die über die Einstufung einer Spielzeit als erfolgreich oder enttäuschend entscheidet. Mit einem Lauf in den Playoffs kann eine bis dato „normale“ Saison zu etwas ganz Besonderem werden, genau wie eine überragende Vorrunde keine Garantie bietet, nicht schon früh in die Sommerpause geschickt zu werden.
Seit 1981 finden im deutschen Eishockey Playoffs statt, bis dahin wurde automatisch die Mannschaft Meister, die am Ende der Hauptrunde auf Tabellenplatz eins stand. Seitdem können auch Teams mit eher schwächeren Leistungen in der Vorrunde in den Entscheidungsspielen überraschen und ihre eigene Cinderella-Story schreiben. So wie 2014 der ERC Ingolstadt, der sich als Tabellenneunter aufmachte und am Ende sensationell den Pokal für den Deutschen Meister entgegennehmen durfte. Ähnlich wie bei Pokalspielen schreiben auch die Playoffs ihre eigenen Geschichten – und die können mitunter ziemlich lang werden. So wie beim Weltrekord aus dem Jahr 2017, als sich in Norwegen im Playoff-Viertelfinale die Storhamar Dragons und Sparta Warriors gegenüberstanden. Die Entscheidung im fünften Duell fiel erst in der achten (!) Verlängerung nach 217:14 Minuten – zwischen dem Anpfiff um 18 Uhr und dem entscheidenden Tor um 2.33 Uhr in der Nacht lagen somit inklusive aller Pausen mehr als achteinhalb Stunden.
Auch in Deutschland wurde bereits Geschichte geschrieben: In den DEL-Playoffs 2008 zwischen Köln und Mannheim endete das bis heute weltweit drittlängste Eishockeyspiel erst in der sechsten Verlängerung nach 168:16 Minuten, das deutschlandweit zweitlängste Playoff-Spiel aller Zeiten fand im vergangenen März in der Oberliga statt: Hannover-Indians-Kapitän Branislav Pohanka sorgte in Deggendorf in der vierten Verlängerung in der 128. Minute für die Entscheidung zugunsten seiner Farben, knapp fünfeinhalb Stunden nach dem Auftaktbully.
Inklusive Pre-Playoffs absolvierten die Bulls bislang 13 solcher Back-to-back-Serien, jede voll mit besonderen Geschichten: Von Partien mit verspielten 3:0-Führungen, (Playoff-untypischen) zweistelligen Ergebnissen oder auch Siegtoren zwei Sekunden vor dem Abpfiff. So geschehen am 15. März 2019, als seinerzeit Jan-Niklas Pietsch bei einer Spielzeit von 59:58 zum 3:2 einnetzte und somit das erste Achtelfinalduell der Playoffs 2018/19 für die Saale Bulls entschied. Der Gegner damals? Die Indians vom ECDC Memmingen. Ein Jahr später sah der Spielplan erneut eine Achtelfinal-Serie gegen den Südligisten vor, doch zwei Tage vor dem ersten Bully wurden die kompletten Playoffs coronabedingt abgesagt, die Saison als beendet erklärt. Und 2022/23? Da stehen sich beide Mannschaften nun erneut im Playoff-Achtelfinale gegenüber.
Beinahe auf den Tag genau vier Jahre nach dem letzten Duell mit den Indianern empfangen die Bulls als amtierender Nord-Vizemeister den letztjährigen Zweitplatzierten aus dem Süden sowie Finalteilnehmer um den DEL2-Aufstieg. In der laufenden Spielzeit konnte der ECDC (noch?) nicht an die Vorjahreserfolge anknüpfen, zu viele Baustellen verhinderten einen ähnlichen Saisonverlauf. Von Neuzugang Gints Meija – von der Konkurrenz als einer der Königstransfers der gesamten Oberliga Süd angesehen – trennte man sich nach gerade einmal zwölf Spielen, auch der erst im Sommer verpflichtete Trainer Björn Lidström musste den Club frühzeitig verlassen. Der langjährige Kapitän Daniel Huhn, der zuvor seine Spielerkarriere beendete und als Sportlicher Leiter fungierte, übernahm das Traineramt und führte den ECDC nach durchwachsener Anfangsphase wieder in ruhigere Fahrwasser und schlussendlich auf Platz sieben.
Offensiver Dreh- und Angelpunkt der Indians ist der Tscheche Matej Pekr, mit 66 Punkten (31 Tore) sowohl ECDC-Top-Scorer als auch sechstbester Torjäger der gesamten Oberliga Süd. Ruhepol in der Defensive ist der Schwede Linus Svedlund, der seit vier Jahren für die Maustädter verteidigt, die letzten drei Spielzeiten jeweils als erfolgreichster Defender der Liga beendete und sich zweimal den Titel als „Verteidiger des Jahres“ sichern konnte.
Auftakt der im Modus Best-of-Five angesetzten Achtelfinal-Serie gegen den ECDC ist am Freitag, 20 Uhr im Sparkassen-Eisdom, nach dem Auswärtsspiel am Sonntag treffen beide Teams bereits am kommenden Dienstag, Spielbeginn 19 Uhr, erneut in Halle aufeinander. (Jy)